Gunzenhäuser Kirchweih

Historische_Aufnahme_Kirchweih

623 Jahre Gunzenhäuser Kirchweih

Schon seit Jahrzehnten hat sich die Gunzenhäuser Kirchweih zu einem der bedeutendsten Volksfeste des südwestlichen Mittelfrankens entwickelt. Bereits 1833 hat sie der Gunzenhäuser Volksschullehrer Johann Georg Fehr dichterisch besungen; der Zeichenlehrer Hurler spricht 1852 „von der Kirchweih  unterhaltend Treiben“, und auch der Gunzenhäuser Bürgermeister Johann Leonhard Wucherer (1834 bis 1848) widmet dem Fest in seinen Tagebüchern eingehende Betrachtungen. Die Tatsache, dass viele auswärts lebende Gunzenhäuser alljährlich zur Kirchweih ihrer Heimatstadt einen Besuch abstatten, um im Familien- und Freundeskreis diese Tage zu verleben, unterstreicht ebenfalls die große Volkstümlichkeit des Gunzenhäuser Heimatfestes. Es ist aus dem Jahreskreislauf des städtischen Geschehens nicht wegzudenken.


Frühzeitig traten führende Persönlichkeiten aus wirtschaftlichen und ideellen Gründen für einen Ausbau der Kirchweih als Volksfest ein. Das geschah vor allem nach der Gründung des Gunzenhäuser Fremdenverkehrs- und Verschönerungsvereins 1884. Wurde bis dahin die Kirchweih neben der im Vordergrund stehenden kirchlichen Feier als eine Art Privileg des Gaststättengewerbes, der ambulanten Händler und Schausteller betrachtet, so begann man jetzt dem Volksfest auf dem Schießwasen durch eine sorgfältige Auswahl der sich anbietenden Schauunternehmen ein gediegenes Niveau zu verleihen und auch die Geschäftswelt an einer Beteiligung zu interessieren.


Erstmals wurde 1912 ein Blumenfestzug der Schuljugend durchgeführt. Heute ist der alljährliche Festzug am Kirchweihmontag mit wechselnden Themen zu einer selbstverständlichen Einrichtung geworden. Bis in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg hinein gehörte der jeweils am Vormittag des Kirchweihmontags stattfindende Aufzug der Königlich-Privilegierten Hauptschützengesellschaft Gunzenhausen 1429 zu den traditionsbedingten Kirchweihveranstaltungen. Wer etwa den Anzeigenteil der Lokalpresse um die Jahrhundertwende durchblättert wird überrascht sein von der Vielseitigkeit des schon damals Gebotenen. Die Kirchweihbesucher wurden auf dem Schießwasen erstmals mit den Wundern der Schallplatte und des Grammophons vertraut gemacht, erlebten die ersten kinematographischen Vorführungen. Lindners Kinematograph und Rierls Lichtspielpalast vor und nach dem Ersten Weltkrieg gehörten zu den damaligen Attraktionen der Kirchweih ebenso wie Schinnerers doppelstöckiges Prachtkarussell oder Schichtls Volkstheater mit der Enthauptung einer lebenden Person auf dem Programm.


Freilich bildeten die beiden Weltkriege eine unliebsame Unterbrechung des gewohnten Kirchweihtreibens. Unterblieb in den Jahren 1914/18 jeder volksfestmäßige Kirchweihbetrieb – nur der herkömmliche Kirchweihmarkt am Kirchweihsonntag wurde abgehalten -, so veranstaltete man im Zweiten Weltkrieg von 1940 bis 1944 jeweils ein verkleinertes Kirchweihvolksfest, das sich aber in kriegsmäßigen Bahnen bewegte. Erst 1948, nach der Währungsreform und als die Verhältnisse sich wieder zu stabilisieren begannen, konnte man erneut an die Abhaltung eines Kirchweihfestes wie früher denken. Die evangelische Kirchengemeinde feierte mit diesem Kirchweihfest die vor 500 Jahren begonnene Erbauung des Chores der Stadtkirche St. Maria.


Das Entstehen der Gunzenhäuser Kirchweih ist rasch erzählt. Bis zum Jahr 1401 wurde die unter dem Bischof Otto von Eichstätt (1183 bis 1195) erfolgte Weihe der Stadtkirche jeweils am Sonntag nach Pfingsten, dem Trinitatisfest, gefeiert. In dem genannten Jahr richtete der Rat der Stadt an den Landesherrn, den Burggrafen Friedrich V. von Nürnberg, das Ersuchen, die Kirchweih künftig am Pfingstmontag abhalten zu dürfen. Der Burggraf entsprach dieser Bitte und gewährte den Gunzenhäusern außerdem das Recht, einen acht Tage dauernden Jahrmarkt damit zu verbinden.

Von 1601 ab verlagerte sich die Feier des Kirchweihfestes auf den September. Damals weihte man nach einer durchgreifenden Renovierung die Spitalkirche zum Heiligen Geist neu ein. Was den Rat der Stadt und die Kirchenverwaltung bewogen hat, diesen Termin auf die Hauptkirche zu übertragen, war bis jetzt nicht zu ergründen. Jedenfalls fällt seither das jeweilige Kirchweihfest auf den Sonntag nach Mariä Geburt.


Gleich dem Vogel Phönix erhob sich die Gunzenhäuser Kirchweih nach 1945 wieder aus der Asche des Zusammenbruchs aller menschlichen und moralischen Werte. Hatte man seit 1920 das Volksfest am Nachmittag des Kirchweihsamstags mit dem Aufzug des Festwirts zum Schießwasen und anschließender Bierprobe eingeleitet, so fand ab 1952 die Eröffnung des Festes im Rahmen einer Feier vor dem Rathaus statt. Damit verbunden waren der Aufzug des Gambrinus, das Verlesen der Kirchweihproklamation durch kostümierte Herolde sowie Darbietungen des Volkstrachtenvereins „D‘ Altmühltaler“. Daran schloss sich ein Autokorso durch die Stadt zum Schießwasen an, besetzt mit den Mitgliedern des Stadtrates, der Stadtverwaltung und geladenen Gästen.


Feuerwerk_Kirchweih

Während vor dem Ersten Weltkrieg durchschnittlich drei Bierbuden, vergeben von der Stadt auf dem Versteigerungsweg und beliefert meist von den örtlichen Brauereien wie Postbräu, Müllerbräu, Brauerei Lehner, aufgestellt wurden, verlegte man den Kirchweihausschank nach der 1924 erfolgten Erbauung der städtischen Festhalle auf dem Schießwasen in diese. Da die Halle nicht mehr den baupolizeilichen Anforderungen entsprach – sie diente vorzugsweise sonst auch als Turnhalle -, erfolgte die Aufstellung eines Festzeltes durch die mit der Ausrichtung des Festes von der Stadtverwaltung beauftragten Schaustellerfirmen und Vergnügungsbetriebe Fritz Hartmann aus Hersbruck und später Erich Gührer aus Schrozberg in Württemberg.


Um die Ausrichtung des Kirchweihfestes haben sich in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg neben dem Kirchweihausschuss des Stadtrates die jeweiligen Kirchweihreferenten Amtmann Franz Götz, Oberamtsrat Otto Kleemann, Amtsrat Gerhard Mentzel, Amtmann Armin Pabst und zuletzt Verwaltungsrat Siegfried Kipfmüller sehr verdient gemacht.

Der Kirchweihmarkt, der ebenfalls eine jahrhundertealte Tradition aufweist, wurde nach dem Zweiten Weltkrieg auf den Nachkirchweihsonntag verlegt.


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