Jüdisches Leben in Gunzenhausen

Eine Geschichte von Integration, Verfolgung und Versöhnung

Über Jahrhunderte hinweg lebten jüdische Familien in Gunzenhausen, gingen ihren Geschäften nach und lebten meist einträchtig mit ihren Nachbarn. Erst im 20. Jahrhundert fand das friedliche Zusammenleben der Kulturen ein bitteres Ende. Mit dem jüdischen Denkmal, der Wiederherstellung des Friedhofs und der Aufarbeitung der Geschichte wurden erste Schritte zur Versöhnung unternommen.

Schächterhaus

Vom Mittelalter bis in die Neuzeit

Schon im ausgehenden 13. Jahrhundert lebten Juden in der Stadt, ab Mitte des 14. Jahrhunderts entwickelte sich eine stabile jüdische Gemeinde mit Synagoge (erbaut 1583), Schächter, Rabbi und später auch Friedhof und Schule. Während des 17. Jahrhunderts gehörte Gunzenhausen zu den bedeutenden Gemeinden im Fürstentum Ansbach und war der erste Sitz des Landrabbiners. Jüdische Gelehrte wie der Kabbalist Rabbi Akiba Bär lebten damals in der Stadt.

Während des 18. Jahrhunderts wuchs die Gemeinde weiter stetig. Vor allem Händler siedelten sich in Gunzenhausen an. Einen eigenen Rabbi hatte Gunzenhausen ab Anfang des 19. Jahrhunderts nicht mehr, doch nach wie vor konnten die Gemeindemitglieder ihren Glauben ausleben. Neben der Synagoge, die 1882/83 neu gebaut wurde, stand auch eine jüdische Schule und ab 1875 ein jüdischer Friedhof zur Verfügung.

Ausgrenzung und Verfolgung im 20. Jahrhundert

Nach der Jahrhundertwende 1900 nahm die Zahl jüdischer Einwohner in Gunzenhausen wieder ab, was wohl mit der wachsenden antisemitischen Stimmung in der Stadt zusammenhing. Zu diesem Zeitpunkt waren die jüdischen Einwohner in das Leben der Stadt gut intergriert, drei Finanzberater, ein Allgemeinarzt, ein Zahnarzt, ein Gastwirt und ein Kaffeehausbesitzer waren darunter, die meisten waren Händler. In den 20er Jahren entwickelte sich die Stadt zu einer Hochburg des Antisemitismus. Bereits 1928 wurden die Fenster der Synagoge eingeworfen, im Jahr darauf der jüdische Friedhof geschändet. Im März 1934 kam es zu einem Pogrom. Angeführt von dem SA-Obersturmführer Kurt Bär wurden jüdische Bürger misshandelt, ihr Eigentum zerstört. Es kam zu zwei Todesfällen. Bär wurde danach zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, war jedoch im Sommer schon wieder auf freiem Fuß und nahm Rache an den Zeugen, die im Prozess gegen ihn ausgesagt hatten: Er erschoss den Kaffeehausbesitzer Simon Strauss und verletzte dessen Sohn schwer. In den folgenden Jahren verließen zahlreiche Juden die Stadt, die letzten flohen nach den Ausschreitungen in der „Reichskristallnacht“, verloren ihre Heimat und ihre wertvollen Besitztümer. Viele wurden in den Konzentrationslagern ermordet.

Erste Schritte zur Versöhnung

Heute gibt es in Gunzenhausen keine Einwohner jüdischen Glaubens. Nachkommen und Verwandte der einst in Gunzenhausen ansässigen Familien besuchen inzwischen jedoch häufig den jüdischen Friedhof, der nach der Zerstörung durch die Nationalsozialisten wieder hergestellt wurde. Als ein Zeichen der Versöhnung ist heute das wertvolle Tora-Schild der Familie Dottenheimer im Stadtmuseum Gunzenhausen ausgestellt. Nur ein Mitgleid der Familie aus Gunzenhausen entging der Shoa, trotzdem stellten dessen Kinder das wertvolle Erbstück dem Stadtmuseum Gunzenhausen zur Verfügung.


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